Empfehlungen zur inhaltlichen Gestaltung von Wappen
- Die schwierigste Hürde ist der Wappenstifter selbst. Seine Wünsche
werden letztendlich immer zum Tragen kommen, auch wenn es dem
heraldisch Tätigen noch so gegen seine Empfindungen geht. Allerdings
muss hier als Maxime von jedem akzeptiert werden: Geht das
Durchsetzungsvermögen des Wappenstifters so weit, dass bei
Ausführung seiner "speziellen Wünsche" das Wappen fern
jeder ordentlichen heraldischen Formgebung steht, dann kann und
darf einer Eintragung in die Wappenrolle nicht stattgegeben werden.
- Gegen die Verwendung traditioneller Elemente (insbesondere
aus Wappen, die bereits in der Familie geführt wurden) ist im
Grundsatz dann nichts einzuwenden, sofern die Symbolik sich dafür
eignet - z. B. bei redenden Emblemen für den Familiennamen oder
anderweitig passender Auslegung eines Symbols.
- Der redenden Namensumsetzung im neuen Wappen ist Vorrang
einzuräumen. Allerdings sollte dann bei der Führungsberechtigung
dieser Symbolik auch Rechnung getragen werden, dass das Wappen nur
solange geführt werden darf, wie dazu auch der ursprüngliche
Familiennamen existiert. Bei dessen Wegfall sollte auch das Wappen
untergehen.
- Der Familienname sollte jedoch keinesfalls nur durch einen Buchstaben
repräsentiert im Wappen stehen. Dies würde das Wesen eines Wappens
grundlegend verkennen. Buchstabenabstrahierende Schildteilungen
dagegen sind allerdings denkbar.
Abzulehnen sind in aller Regel Buchstaben aus fremden Schriften, um
den Familiennamen auszudrücken, wie z. B. aus dem griechischen oder
kyrillischen Alphabet oder gar Runen.
- Es dürfen vordringlich charakterisierend keine Elemente in einem
neuen Wappen erscheinen, die falsche Rückschlüsse aufgrund bereits
bestehender Besetzungen zuließen und die dem Wappenstifter einen
Rang zuweisen wurden, den er nie in seinem Leben angestrebt hätte.
Beispiele dafür sind Kreuze oder Anordnungen dieser Art, typische
Symbole aus der Kommunal- oder Staatsheraldik etc.
- Schmuckelemente wie Damaszierungen, Helmdecken, Zierrat an
den Helmen u. ä. können keinen Symbolcharakter im Wappen haben.
- Naturalistische Gestaltung in Darstellung, Proportionen oder
Farben ist nicht erforderlich und oft unangebracht. Anders wären
typisch "heraldisierte" Figuren wie Löwe, Rose oder Lilie
gar nicht entstanden. Verzerrungen sind zulässig, möglicherweise im
Einzelfall notwendig.
Abzulehnen sind Gegenstände aus dem modernen Leben wie
Telefone, Eisen- und Straßenbahnen, Bildschirme, Computer und dgl.,
weil sie keine entsprechende Form zu Helm und Schild bilden. Sollen
Elemente aus diesen Bereichen im Wappen ausgedruckt werden, müssen sie
stilisiert erfolgen - traditionelle Symbole für Kommunikation z. B.
gibt es.
- In jedem Fall sind Elemente mit ideologischem Charakter zu
vermeiden, besonders Embleme mit Negativimage (z. B. Hakenkreuz).
- Das Wappen ist nach Prinzipien der Klarheit und Einfachheit
anzulegen, d. h.
- Komplizierte Schildteilungen sind zu vermeiden. Schon eine
Vierteilung ist in vielen Fällen überflüssig.
- Die Anhäufung vieler unterschiedlicher Symbole im Wappen
verwirrt. Oft gibt es ganz einfache Methoden, in einer Figur mehrere
Symboldeutungen zu vereinen.
- Die Blasonierung ist ein wesentliches Merkmal des Wappenwesens,
deshalb muss jedes neue Wappen auch beschrieben werden können.
Abenteuerliche Figurenzüge mögen manchmal ganz hübsch aussehen,
sind jedoch in der heraldischen Fachsprache fast nicht mehr
darstellbar. Es sind also Symbole oder Teilungen zu verwenden, die
beschreibbar sind (das Gezeichnete soll auch verbal leicht
wiedergegeben werden können).
- Die Verwendung von Berufssymbolen für den Wappenstifter
sollte nur bedachtsam erfolgen. Gerade in der heutigen Zeit ist ein
gerade ausgeübter Beruf morgen nicht mehr aktuell, manche Menschen
wechseln sogar in ihrem Leben mehrmals ihre berufliche Tätigkeit. Die
Einsetzung eines Berufssymbols in ein Wappen schildert dann nur noch
eine Momentaufnahme, ohne für den Wappenstifter oder gar die Familie
typisch zu werden.
Berufliche Bezüge sollten deshalb nur dann zur Verwendung gelangen,
wenn
- es sich beim Wappenstifter um einen Gewerbetreibenden handelt, bei
dem das Wappen auch beruflich zum Einsatz kommt,
- der Wappenstifter seinen früheren Beruf altersmäßig bedingt
nicht mehr ausübt;
- der Wappenstifter einen Beruf hat, den er aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht mehr aufgeben muss, z. B. Handwerksunternehmer, nicht
unbedingt aber ein Handelsvertreter. Allerdings kann das
(fortgeschrittene) Alter des Wappenstifters eine Rolle spielen, die
eine Aufgabe des Berufes unwahrscheinlich werden lässt.
- Anders wiederum sieht es bei Berufen für die Vorfahren aus.
Fast jeder kann Bauern unter seinen Vorvätern feststellen. Es ist
daher nicht sonderlich originell, in einem neuen Wappen darauf Bezug
zu nehmen. Die Einbringung von Berufen der Vorfahren sollte nur
erfolgen, wenn
- ein sehr typischer Beruf eines bedeutenden Vorfahren geschildert
werden soll, z. B. der Urgroßvater war ein berühmter Urwaldarzt,
- es sich um eine lange Reihe von Mitgliedern der Familie handelt,
die den Beruf von Vater auf den Sohn weitervererbt haben oder es
sich um einen Traditionsberuf im Familienverbund handelt, dem
womöglich der Wappenstifter heute noch nachgeht, z. B. in der
Familie besteht seit vier Generationen das Orgelbauerhandwerk.
- Die Einbringung von Hobbys in ein neues Wappen ist
fragwürdig, da in aller Regel damit nichts Familientypisches
verbunden werden kann.
- Helmkronen haben in modernen Wappen nichts mehr zu suchen.
Dagegen kann der Bügelhelm auch heute in sogenannten
"bürgerlichen Wappen" Verwendung finden, da der ständische
Unterschied zwischen Bürgern und Adeligen nicht mehr existiert.
Generell heißt das: Feudale Strömungen sind in neuen Wappen nicht
mehr angesagt.
Auszug aus: Bericht über die Sitzung des
"Symbolausschusses" am 17. Juli 1992, in: Der Wappen-Löwe.
Jahrbuch 1991/92 und 8. Lieferung zur Wappenrolle, München 1992, S. 300-303
Stand: 9. Oktober 2008